35 Millionen Menschen haben ganze 10 Millionen Quadratkilometer zur Verfügung. Rechnet man nach, ergibt sich eine Bevölkerungsdichte von nicht einmal 4 Einwohnern pro Quadratkilometer – da ist dann das Wort „Dichte“ schon sehr relativ. Der Wahlspruch Kanadas: „A mari usque ad mare“ – also „Von Meer zu Meer“ – trifft den geographischen Nagel auf den Kopf. Die Staatstiere sind nicht Elch oder Grizzley, sondern Biber und Canadian Horse, der Staatsbaum, ganz klar, der Ahornbaum. Die staatlichen Sportarten: Eishockey, das schon fast Religion ist, und Lacrosse. Was bedeutet Kanada eigentlich? Die wahrscheinlichste Theorie zur Herkunft des Namens ist der Begriff „kanata“, der auf die Ureinwohner zurückgeht. Das Wort bedeutet so viel wie „Gemeinschaft“ oder „Dorf“ bedeutet. Sehr viel unterhaltsamer sind aber die Herleitungen aus dem Spanischen oder dem Deutschen. So sollen die ersten Spanier, die einen Fuß auf nordamerikanischen Boden gesetzt haben, gerufen haben: „Aca nada!“ – also „Nichts da!“. Auch der vermeintlich deutsche Ursprung bedeutet im Dialekt dasselbe, „Keiner da!“ – bezeichnet also ein riesiges, menschenleeres Land. Dabei hat das so gar nichts mit der Wirklichkeit zu tun – der Reisende entdeckt: eine unglaubliche Vielfalt, vom Urwald auf Vancouver Island über die berühmten Rocky Mountains, zahlreiche faszinierende Nationalparks und pulsierende Metropolen wie Toronto bzw. Montréal oder das europäisch-verträumte Quebéc, wo, wie in Wien, noch Kutschen durch die Straßen fahren. Hier leben Ureinwohner neben vor Generationen und neu Eingewanderten und empfangen den Gast mit einem Lächeln im Gesicht. Gastfreundschaft wird groß geschrieben. Jede Region hat ihre Spezialitäten und Vorzüge. Es gibt zehn Provinzen: British Columbia, Alberta, Saskatchewan, Manitoba, Ontario, Quebec, New Brunswick, Prince Edward Island, Nova Scotia, Newfoundland mit Labrador und drei Territorien: Yukon, Northwest Territories sowie Nunavut. Schon vor etwa 12.000 Jahren haben sich Indianer hier niedergelassen. Ende des 15. Jahrhunderts ist ein Italiener in Nordamerika gelandet, aber erst 1608 hat der Franzose Samuel de Champlain erste Siedlungen gegründet. Auch die Briten sind gekommen um zu bleiben, es ist auch immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen beiden Mächten gekommen. Mitte des 18. Jahrhunderts waren die Briten dann endgültig siegreich (wenn man einmal die winzige Inselgruppe südlich von Neufundland vergisst, die noch heute offiziell zu Frankreich gehört.) Zwischen 1812-1814 haben die Briten und noch immer in der Region beheimatete Franzosen Seite an Seite gegen die USA gekämpft. 1867 ist das Dominion von Kanada, ein Zusammenschluss britischer Kolonien, die sich allerdings selbst verwalten, gegründet worden. Zunächst hat es nur 4 Gebiete umfasst, in den folgenden Jahren sind weitere dazugekommen. Weitere Meilensteine der kanadischen Geschichte sind 1886 die Fertigstellung der Eisenbahn, der Canadian Pacific Railway, sowie der Klondike-Goldrausch ab 1896. Viele wissen nicht, dass immer noch eine Verbindung zur britischen Krone besteht, obwohl das riesige Land immer mehr in Richtung Unabhängigkeit gegangen ist. Im Ersten und Zweiten Weltkrieg hat Kanada an der Seite Englands gekämpft, erst 1965 ist der Union Jack von der kanadischen Flagge verschwunden. Seit 1982 ist Kanada formell unabhängig, allerdings ist die britische Queen bis heute Staatsoberhaupt. Staatsoberhaupt über eine wahrlich mosaikartig zusammengesetzte Bevölkerung. Da sind einerseits die Einwanderer aus der ganzen Welt, die schon vor Generationen oder erst kürzlich ins Land gekommen sind. Und dann sind da die Ureinwohner, die aus vielen unterschiedlichen Gruppen kommen. Sie alle pflegen vielfältige Traditionen und leben auf ganz unterschiedliche Weise. Die arktischen Stämme sind unter den Ureinwohnern wahrscheinlich die unverwechselbarsten. Bis vor Kurzem hat man sie Eskimos genannt. Heute nennen sie sich Inuit. In ihrer Sprache Inuktitut bedeutet das „Menschen“. Früher hat ihnen das Meer alles gegeben, was sie brauchten – also in erster Linie Nahrung natürlich – Meeressäugern wie Walen, Robben und Walrössern. Um diese auch zu erwischen hatten sie einige sehr einfallsreiche Jagdtechniken auf Lager. Auf der faulen Haut konnten sie nicht liegen – in so einem großen Land muss man mitunter auch sehr weite Strecken zurücklegen. Im Zweiten Weltkrieg und während des Kalten Krieges hat sich ihre Lebensweise radikal verändert, da die Arktis nun von strategischer Bedeutung war. Es wurden Flugplätze gebaut, Radarstationen errichteg und die Inuit sind mit einer bis dahin völlig unbekannten Kultur in Kontakt gekommen. Diese Kultur kannte das Arbeiten gegen Lohn. Jetzt leben die meisten Inuit in Siedlungen, die fast alle aus militärischen Kriegs- oder Nachkriegseinrichtungen oder aus den Pelzhändler- und Missionsstationen hervorgegangen sind. Obwohl viele Inuit noch immer ausgiebig jagen, kehren sie nach getanem Werk wieder in ein festes Haus zurück. Satellitenfernsehen, Telefon und Internet und andere Arten der Telekommunikation haben Einzug gehalten. So führen die Inuit ein modernes Leben, obwohl ihre Siedlungen oft sehr abgeschieden, mitunter Tausende Kilometer vom nächsten Finanzzentrum entfernt sind. Größere Orte sind durch Linienflüge mit diesen Zentren verbunden. Für Gäste ist eine arktische Siedlung eine eigenartige Verschmelzung aus Tradition und Moderne. Das illustriert vielleicht am Besten das Beispiel einer Inuk, die in traditioneller Kleidung mit dem Schneemobil herumfährt. Oder der Inuk auf dem Motorboot. Tradition und Moderne Die Inuit sind aber nicht die einzigen Ureinwohner. Die anderen Ureinwohner Kanadas, die sogenannten First Nations, hat man früher Indianer genannt. Sie unterliegen heute noch dem Federal Indian Act, gegen den sich zunehmend Widerstand formiert. Obwohl sie vielen unterschiedlichen Stämmen angehören, von denen jeder seine eigene Sprache und Kultur sein eigen nennt, haben sie sich zusammengeschlossen. Gemeinsam kämpfen sie für ihre Identität. Ein Hauptziel ist, lokale Schulen zu haben, mit ihrer eigenen Kultur und Sprache. Dazu muss aber die Bundesregierung die Kontrolle über das Schulsystem lockern. Reservate, die ursprünglich die Stämme von der nicht indigenen Bevölkerung separieren sollten, sind heute Zentren weitreichender Landforderungen. Viele Stämme werden politisch aktiv – gegen das Unrecht, das sie in der  Vergangenheit erleiden mussten. Besonders das frühere Internatssystem ist ein problematisches Themae. Kinder hat man gewaltsam dem vermeintlich schlechten Einfluss ihrer Eltern und ihrer Heimat entrissen und sie in Internate gebracht, um sie auf den rechten Weg zu bringen. Kulturen von Ureinwohnern Die Assembly of First Nations mit dem Grand Chief an der Spitze hat das Ziel, für alle Eingeborenenstämme Kanadas zu sprechen. Im Parlament bewegt sich etwas – sie wird mehr und mehr gehört. Alkohol- und Drogenmissbrauch, „Zivilisationskrankheiten“ wie Diabetes und gewalttätige Konflikte sind in vielen der 3000 (!) Reservate Kanadas verbreitet. Viele Sprecher der Stämme sehen das als direkte Folge des Internatssystems – daher sind die politischen Aktionen auch immer wieder gerechtfertigt. Auf der anderen Seite sind viele Stämme aber auch bis zu einem gewissen Grad erfolgreich „integrier“ und wesentlich mehr junge Leute als früher besuchen heute höhere Schulen und Universitäten. First Nations Man darf nicht vergessen, dass die First Nations ganz vielfältigen Stämmen und Kulturen angehören, auch wenn sie mit einer Stimme sprechen. Häufig sind sie durch die Ressourcen des Landstrichs geprägt, das sie einmal bewohnt haben. Die kulturellen Unterschiede manifestieren sich in mehr als 50 unterschiedlichen Sprachen und in Kunst und Kunsthandwerk. Die Specksteinschnitzereien der Inuit erzielen in Galerien zum Teil sehr hohe Preise. Kunst ist für die Ureinwohner nicht nur eine Möglichkeit, ihre Kultur auszudrücken. Die Totempfähle, Holzschnitzereien und Schmuck der Salish, der Haida, der Kwakiutl und anderer Stämme der Westküste sind ebenso wie die Flechtarbeiten der Micmac an der Ostküste, ein wichtiger finanzieller Faktor. Wer ist ein echter Kanadier? Wie wir gesehen haben, ist das nicht so leicht zu beantworten – ich weiß jedenfalls keine „richtige“ Antwort. Man sieht  auch, dass Kanada weit mehr zu bieten hat als umwerfende Naturlandschaften mit Bergen und Seen sowie eine faszinierende Tierwelt. Nicht umsonst habe ich Kanada als einen Ort gewählt, wo ich eine zeitlang leben wollte und das ist gelungen, ich denke noch gerne an die Zeit zurück. Na, neugierig geworden? Vielleicht begeben wir uns ja einmal gemeinsam auf eine Kanada-Reise. Eure Sandra]]>

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